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Religiolexikon

Unitarier

GND-Nummer

4186907-2

Oberbegriff
Synonyme
  • Unitarismus
  • Deutscher Unitarierbund
Verwandte Begriffe
Kurztext

Bezeichnung für eine heterogene Bewegung, welche die Trinität im Glaubensbekenntnis ablehnt.

Haupttext

Die Unitarier sind aus einer kritischen Gegenströmung zur Reformation im 16. Jahrhundert entstanden. Sie haben ihre Wurzeln in der Bewegung der Antitrinitarier, dessen bedeutendster Vertreter der Spanier Michael Servet (1553 in Genf lebendig verbrannt) war. Die Lehre "reicht von ersten Angriffen auf das kirchliche Trinitätsdogma in der Reformationszeit über Tendenzen liberaler aufgeklärter Dogmenfreiheit bis zur bewußten Antikirchlichkeit, ja zu neuen Dogmatisierungen von Werten »aus der heiligen Tiefe des Volkes«. Der christlich orientierte Unitarismus, die Leugnung der altkirchlichen Trinitäts- und Zwei-Naturenlehre, ist bis in Bereiche der modernen Theologie hinein noch wesentlich vielgestaltiger und breiter,  ..." ( Handbuch Religiöse Gemeinschaften und Weltanschauungen, (5. Aufl.) Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, 2000 , S. 351)

Unitarische Gruppen, die sich selbst als "christlich" oder "postchristlich" verstehen, sind aus religionswissenschaftlicher Sicht deviante Gruppen, Sekten oder nichtchristliche Religionsgemeinschaften zu verstehen.

"Es gibt keine für alle Unitarier verbindliche Lehre. Doch christliche und nichtchristliche Un sind weltweit in folgenden drei Grundsätzen miteinander verbunden:

1. Vollständige geistige Freiheit in religiöser Hinsicht statt Gebundensein an Glaubensbekenntnisse oder Konfessionen,

2. Uneingeschränkter Gebrauch der Vernunft in Dingen der Religion statt Verlaß auf äußere Autorität oder Tradition der Vergangenheit,

3. Weitgehende Toleranz gegenüber den verschiedenen religiösen Ansichten und Bräuchen statt Beharren auf Gleichförmigkeit in Lehre, Gottesdienst oder Verfassung.

In der Reformationszeit fühlten sich die Unitarier als Vollender der Reformation. Sie wollten einerseits keiner Lehre Raum geben, die nicht in der Bibel enthalten sei. Andererseits hielten sie aber an der Rechtfertigung durch den Glauben fest, wenn auch unter Mitwirkung des menschlichen Willens. Vom Schriftprinzip her begründeten sie die Ablehnung der Trinität und behaupteten die Einheit Gottes, was ihnen im 17. Jh. den Namen Unitarier einbrachte. Von Anfang an wurde die menschliche Vernunft zum Maßstab der Schriftauslegung gemacht, wodurch sich der Unitarismus mehr und mehr zu einem Sammelbecken eines rationalistischen, antidogmatischen Christentums entwickelte. In einem der ältesten Unterrichtsbücher der Unitarier, dem sozzinianischen Rakower Katechismus (1605), heißt es: »Die Bibel enthält zwar manches Unvernünftige, aber nichts gegen die Vernunft.« Nach diesem Schriftverständnis war für das Bekenntnis zur göttlichen Natur Jesu keine Grundlage mehr vorhanden und damit auch nicht für die Heilstat der Erlösung, das Sterben und Auferstehen Christi. Statt dessen rückte die Vollendung des menschlichen Charakters nach dem Beispiel des Menschen Jesus in den Vordergrund. Im Zuge dieser Vorbildschristologie wurde die Einmaligkeit Jesu Christi nach und nach aufgegeben. Die sittliche Reifung des Menschen konnte sich auch an anderen Vorbildern orientieren.  Handbuch Religiöse Gemeinschaften und Weltanschauungen a.a.O. S. 355f. "

Folgende Gruppen des Unitarismus haben kirchengeschichtliche Bedeutung erlangt:

  1. Unitarische Kirche Siebenbürgens
  2. Das englische Unitariertum: "1774 gründete Th. Lindsey auf privater Basis die erste unitarische Kapelle in London. 1791 trat die Unitarian Society for Promoting Christian Knowledge (USPCK) ins Leben, der anglikanischen SPCK nachgebildet. Der Dissenters Chapels Act vom 19. Juli 1844 legalisierte solche Kapellengründungen. Die dogmatischen Anschauungen wurden von J. Priestley (1733-1804), dem Entdecker des Sauerstoffs, geformt, der wegen der Leugnung des Erbsündendogmas von der puritanischen Kommunion ausgeschlossen wurde. Das Schriftprinzip und die Lehre von der göttlichen Natur Christi wurden aufgegeben. Später wurden die biblischen Berichte unter Einfluß von David Friedrich Strauss als Mythos verstanden." Handbuch Religiöse Gemeinschaften und Weltanschauungen a.a.O. S. 352f.
  3. Der amerikanische Unitarismus: Unitarian Universalist Association (UUA)
  4. Deutscher Unitarierbund - Unitarische Freie Religionsgemeinde (UFR).
  5. Religionsgemeinschaft freier Protestanten (RFP)
  6. Deutsche Unitarier Religionsgemeinschaft (DURG): "Sie versteht sich als konsequente Weiterentwicklung zur nichtchristlichen oder postchristlichen Religionsgemeinschaft" ( Handbuch , a.a.O. S. 355)
  7. Unitarische Kirche in Berlin : "Die Unitarische Kirche in Berlin wurde 1948 von Hansgeorg Remus (1908-1983) in der Tradition der historischen Antitrinitarier gegründet, der auch ihr erster Pfarrer wurde. 1963 übernahm Albert Schweitzer (1875-1965) die Schirmherrschaft über die UKB. Sie setzt sich heute »für eine globale, kosmische Religionsauffassung, ein geläutertes Christentum und Konsequenz« ein und versteht sich selbst als christliche Religionsgemeinschaft." Handbuch , a.a.O. S. 355)
Zusammenfassung

Im Unitarismus lebt der frühchristliche Streit um das Trinitätsdogma der frühkatholischen Kirche fort.

Bibliographie

Deutsche Nationalbibliothek

Index Theologicus

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Autoren Winfried Müller
Geändert 16.03.2019